EIN LEHRGEDICHT
EYGENNUTZ VERLAG 2017
In psychedelischen Bildern reimt sich Hans Sachs durch die zwölf Eigenschaften des Eigennutzes - rhythmisch brachial, zeitlos schön, brandaktuell und voller Sprachwitz.
Mit Liebe, Sorgfalt und Eigennutz abgetippt und übertragen von den Verlegerinnen höchstpersönlich.
Wenn ihr euch jetzt fragt, was man mit diesem alten Kram heute noch anfangen kann, empfehle ich das kleine Buch, denn die monströse Darstellung von Egoismus und Habgier klingt erschreckend aktuell und wohlvertraut. Der Text aus dem 16. Jahrhundert könnte ebenso gut eine Kapitalismuskritik von heute sein. Man kann das Ding philosophisch lesen, dann kommt ein ziemlich ernüchterndes Bild des Menschen als Zerstörer und raffgieriger Wicht heraus. Man kann es religiös lesen, als Bitte an Gott, uns doch endlich altruistisch und fair zu machen. Und zu guter Letzt stammt aus diesem Gedicht auch der stets anwendbare Spruch, den ich gerne als „Kant light“ bezeichne: „Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem Andren zu.“ Easy, oder?
Claudia Rapp, indie-republik.com
LESEPROBE
Ich schaut' hinab ins Höhlenloch,
das gräulich' Tier, das sah ich doch!
Es trug ein Löwenhaupt als Kopf,
und giftig' Augen unterm Schopf,
und Eberzähn', ein Otterzung',
den Schlund ein's Krokodilenjung',
ein Wolfsmagen, ein Krötenherz,
Greifen- und Büffelfüß', kein Scherz!
Und zwei giftige Drachenflügel,
und Stacheln spitz, gleich einem Igel,
und einen Schwanz wie ein Skorpion –
ich sprach: »Menipe, lieber Monn!
Was für ein Wurm, er wirkt abnorm,
mit schrecklicher Gestalt und Form!
Was ist das für ein Tier nun wieder?
Wie grimmig sind all seine Glieder!«
Er sprach: »Es ist fürwahr nichts Gut's,
es heißt und ist der Eigennutz.«